Herbst 2014 | AVIDA 49 bei Kiehl’s die Preise sogar gesenkt. In unserer Abteilung ist die Mitarbeiter- zahl von 50 zu Beginn meiner Tätigkeit auf mittlerweile 79 gestiegen, weil auf- grund neuer Marken auch neue Jobs entstanden sind. Bei der Besetzung der Positionen ist uns die Diversität hinsicht- lich Nationen, Kulturen etc. wichtig, so haben wir zum Beispiel zwei Damen im Haus, die gerade ihren Ramadan feiern. Inwiefern haben sich die Anforderungen der Konsumenten in letzter Zeit verändert? Das Bedürfnis nach Service ist gewach- sen. Heute wollen wir beraten werden, welche Creme zu meinem Hautbild passt und welche Farben und Düfte für meinen Typ das Richtige sind. Die Konsumentinnen und Kon- sumenten sind wesentlich kritischer ge- worden und informieren sich umfas- send, bevor sie ins Geschäft gehen. Zunehmend wichtig sind den Kunden die Inhaltsstoffe und woher sie kom- men. Unsere Marke Kiehl’s zum Beispiel bezieht das Arganöl von Frauengenos- senschaften in Afrika. Ein Teil des Erlö- ses kommt diesen zugute. Im Bereich Nachhaltigkeit hat sich L’Oréal sehr ambitionierte Ziele für 2020 gesteckt, die von externen Experten überprüft werden. Die Mitarbeiter tragen sie mit und gehen etwa einmal im Jahr in ver- schiedene soziale Einrichtungen, um an- deren Menschen zu helfen. Der L’Oréal Ethik-Code vermittelt die ethische Grundhaltung, nach der wir leben. Worauf legt die Frau von heute in Sachen Kosmetik insbesondere Wert? Viele Frauen in unseren Breiten haben nicht viel Zeit, daher gibt es den Trend, wenige, aber hoch wirksame Produkte zu verwenden. Für diese wird oft sehr lange, häufig bis zu zehn Jahre geforscht. Nicht umsonst fließen bei uns 3,7 Prozent des Umsat- zes in die Forschung. Über 4.000 Leute arbeiten in den Forschungslabors in den unterschiedlichen Kontinenten, weil ja die Anforderungen der Konsu- menten in Amerika, Afrika, Asien ver- schieden sind. Was sind die aktuellen Highlights bzw. Innovationen in der Produktpalette von L'Oréal Produits de Luxe? Die neue Wim- perntusche „Grandiôse“ von Lancôme, die meiner Meinung nach diesen Na- men zu Recht trägt: Man hat per Com- puter das weibliche Auge vermessen und ein Bürstchen, das wie ein Schwa- nenhals gebogen ist, entwickelt. Frauen aller Nationalitäten erreichen mit die- sem perfekt jede einzelne Wimper, egal wie ihr Auge geformt ist. Ein absolutes Highlight ist auch das Haut-Reinigungssystem Clarisonic, mit dem wir mit Abstand die Nummer Eins sind. Als neue Produktkategorie auf dem Gebiet der Hautreinigung haben wir die Bürsten vor einem Jahr einge- führt, damals waren sie auf der Stelle ausverkauft. Sie selbst sind ja Mutter eines fünfzehnjäh- rigen Sohnes – wie sehen Sie die Vereinbar- keit von Beruf und Familie für Frauen in Österreich? Das ist ein typisch österreichisches Pro- blem. Zum Beispiel in Frankreich und Skandinavien ist es selbstverständlich, dass Frauen arbeiten. Ich selbst bin wie- derholt angefeindet worden und da war der Ausdruck „Rabenmutter“ noch ein freundlicher. Aber was haben denn die Frauen früher am Land oder auch meine Großmutter, die ein Hutmachergeschäft hatte und zwei Tage nach der Geburt meines Vaters wieder aufsperren muss- te, gemacht? Wichtig ist, sich weder pri- vat noch beruflich unter Druck setzen zu lassen. Ich halte es da mit einem Sprich- wort von Grillparzer, nämlich „Sei wie du bist und sei es ganz.“ Verändern müssen sich die Rahmenbedingungen. Dafür tragen sowohl die Unternehmen, als auch Politik und Gesellschaft die Verantwor- tung. So gibt es bei L’Oréal die Mög- lichkeit, im Home Office zu arbeiten und bei Bedarf das Equipment für zu Hause. Wo jemand Ideen hat, ist schließlich nicht entscheidend. Wie schaffen Sie selbst Zeitfenster im Alltag, um neue Energie zu tanken? Ich bin ein sehr naturverbundener Mensch. Ange- sichts der Schönheit der Natur tanke ich Kraft – sei es, wenn eine Blume in mei- nem Garten aufblüht oder wenn ich mit meiner Familie in die Berge wandern gehe. Und einmal im Jahr bin ich allein unterwegs, um zu reflektieren. AVIDA TALK „Das Bedürfnis nach Service und nach Information über Inhalts- stoffe und deren Herkunft ist in den letzten Jahren gewachsen.“ Dr. Andrea Schmoranzer im Gespräch mit Peter Dukes und Marion Breiter-O’Donovan 0314.kern220x280_Layout 1 17.08.14 16:48 Seite 49